Redebeitrag bei der Fridays for Future-Protestaktion gegen Siemens

Wir stehen heute alle gemeinsam hier um Flagge gegen die Kooperation des Siemens-Konzerns mit der Firma Adani zum Bau der gigantischen Carmichael-Kohlemine in Australien zu zeigen. Während schon davon gesprochen wird, das von katastrophalen Bränden verwüstete Australien sei “das Tschernobyl des Klimawandels”, will Siemens daran festhalten dort ein Projekt zu unterstützen, das 60 Millionen Tonnen Kohle im Jahr aus der Erde holen soll. Und klar wirft das eine einzige Frage auf:
Geht’s noch? Seid ihr noch zu retten?
keep it in the ground.

Leider ist das nur eines vieler Symptome dafür, wie der Blick auf den Profit dringend notwendigen Klimaschutz unmöglich macht. Wollen wir unsere Zukunft wirklich weiter dem verantwortungslosen Wahnsinn des sogenannten “freien Marktes” überlassen? Wäre es nicht an der Zeit neue – kollektive und kooperative – Wege zu finden um gemeinsam statt gegeneinander zu wirtschaften?

Gerade die Firma Siemens, einer der hundert weltgrößten Konzerne, hat ihre ganze, immerhin 170 jährige, Geschichte lang immer wieder unter Beweis gestellt, dass es notwendig wäre solchen wie ihnen den gesellschafltichen Wohlstand aus der Hand zu nehmen – um ihn dann weltweit und gerecht unter allen aufzuteilen.

Als Telegraphie-Unternehmen begonnen beteiligte Siemens sich schon früh an der Produktion von Infrastruktur und Technik für deutsche Kriege, auch den ersten Weltkrieg – etwa Fernmeldetechnik und Minen. Die Führung der Firma bekämpfte dabei aktiv die gewerkschaftliche Organisierung der Arbeiter*innen, sperrte Streikende aus und gründete eine Alibi-Gewerkschaft unter Einfluss der Geschäftsleitung. Das alles war kein Zufall. Zumindest die Firmenchefs aus der Familie Simenes galten als nationalistisch und/oder völkisch orientiert, beteiligten sich in Vorgängerorganisationen der NSDAP oder rüsteten faschistische Freikorps-Verbände auf. Ab 1937 beteiligte sich Siemens dann auch im Nazireich massiv an der deutschen Wiederaufrüstung. Mensch könnte mit Recht davon sprechen, dass der Konzern dazu beigetragen hat den zweiten Weltkrieg mit all seinen Gräueln überhaupt zu ermöglichen.
In der Nazizeit verfünffachten sich die Umsätze der Firma, besonders auch dank der Sklaverei beziehungsweise Zwangsarbeit der Insass*innen von Konzentrationslagern, in deren unmittelbaren Umgebung Siemens extra eigene Produktionsstätten aufbaute. Siemens produzierte etwa in Auschwitz, Lublin oder Ravensbrück – metaphorisch gesehen bestehen die Fundamente des heutigen Reichtums der Firma aus den Knochen der in den Gaskammern ermordeten Jüd*innen.

Das der Konzern angesichts dessen gerne auf die unzureichenden Entschädigungen verweist, die er erst nach jahrzehntelangem Druck zahlte um sein angekratztes Image wieder etwas aufzubessern, ist dann einfach nur noch zynisch.

Auch nach der NS Zeit hat der Siemens-Konzern, wie wir durch die Kooperation mit Adani wissen, keinerlei Skrupel entwickelt. Beispielsweise – und es handelt sich wirklich nur um ein paar Beispiele von vielen – könnte noch erwähnt werden, dass der Konzern unter dem Titel “Siemens Power Generation” führender Hersteller von Atomreaktoren ist – oder sich als “Voith Siemens” an mehreren ökologisch höchst bedenklichen Staudammprojekten beteiligte – etwa dem 3-Schluchtendamm in China bei dessen Bau 50.000 Menschen ihre Lebensgrundlage verloren und brutal vertrieben wurden.
In den 70ern und 80ern kooperierte Siemens mit Militärdiktaturen in Argentinien, Brasilien oder Iran zum Aufbau von Atomkraftwerken. Siemens hatte auch dieses Jahr keinerlei menschenrechtliche Bedenken als Partnerfirmen dem chinesischen Regime Systeme zur Totalüberwachung ethnischer Minderheiten bauten.
Und freilich hat sich der Umgang mit der eigenen Arbeiter*innenschaft nicht groß geändert – Siemens setzt auch weiterhin, wenn es denn der Rendite dient, gerne auf Massenentlassungen und prekäre Arbeitsverhältnissen wie Leiharbeit.

Last but not least – Siemens macht natürlich nicht nur in Australien sondern auch hierzulande weiter in Kohlekraft. Auch das geplante, neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ist auf Technik aus dem Hause Siemens angewiesen.

Da hilft es auch nichts, wenn die Firma sich wie auch der andere, große Klimakiller-Konzern RWE, gerne mit ihrer Solarsparte oder allerlei Modellprojekten als zukunftsgewandte, “grüne Avantgarde”, als umweltbewusster Konzern inszeniert. Dafür haben sie sich auch extra den ehemaligen grünen Aussenminister Joseph Fischer als Lobbyisten gechartert – noch so eine Gemeinsamkeit mit RWE.

Damit kommt unsere kleine Firmengeschichte zum Abschluss. Klar ist es gut, gegen diese ganze Scheiße auf die Straße zu gehen.
Wir wollen Siemens aber nicht bloß ins Gewissen reden – denn wo kein Gewissen ist, gibt es auch nichts zu reden.

Es gäbe nur einen einzigen, richtigen Umgang mit solchen Konzernen, und der wäre sie ein für alle mal dicht zu machen, die Bosse loszuwerden und ihren Besitz zu vergesellschaften – die Produktionsstätten in die Hände der Menschen zu überführen die dort arbeiten und dann anhand von menschlichen Bedürfnissen produzieren.

Kapitalismus und Klimagerechtigkeit?
Das ist und bleibt ein Widerspruch in sich!
Eine wirklich nachhaltige Lösung der Klimakatastrope?
Das Kapital entmachten, enteignen und überwinden
– besser heute als morgen.

Danke fürs zuhören.