04.12.2024 – Redebeitrag zur Kundgebung gegen die Bezahlkarte in Trier

Wir sind Anarchist*innen.
Wir wussten, von keiner der Parteien war irgendetwas zu erwarten.
Wir haben gesehen, wie FDP, Grüne und SPD im Frühjahr auf Bundesebene den Weg zur Bezahlkarte geebnet haben.
Jetzt sehen wir, wie im Vertrag des sogenannten “Zukunftsbündnisses” aus CDU, FDP und Grüne die Bezahlkarte auch hier eingeführt werden soll.
Und wir erinnern uns, wie im Frühjahr dieselben Parteien und ihre Mitglieder in Trier rumgeheult haben, weil ihre Propaganda nicht auf den Demonstrationen gegen Rechts erwünscht war…
Was bleibt zu sagen außer: Ihr seid peinlich! Schämt euch!

Doch trauern wir dem Spiel der Herrschenden nicht nach. Versuchen wir es in einen Rahmen zu setzen. Einen Rahmen, der sich Rassismus nennt.
Denn was ist das Ziel der Bezahlkarte heute?
Sie hat die Aufgabe eine rassifizierte Gruppe zu kontrollieren. Als ob Lager, Residenzpflicht, Sachleistungen und Arbeitsverbote nicht genug sind.
Was kommt als nächstes?
Zwangsarbeit?
Auch daran wird weiter gearbeitet, von eben auch diesen Parteien – während der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt für Geflüchtete weiterhin stark eingeschränkt ist.

Und es erinnert dunkel an Zeiten von Versklavung, Ghettoisierung, Inhaftierung, Ermordung und der nie aufhörenden Entmenschlichung ganzer Menschengruppen.

Der Staat versucht mit allen Mitteln in Zeiten der wachsenden Krise nicht nur die Schuld auf eine Gruppe zu schieben, sie zu diskriminieren und auszubeuten. Nein, es geht um eine spezifische Kontrolle Schwarzer Körper.
Eine Kontrolle die sich von der Versklavung in der frühen Neuzeit, über die Zwangssterilisierung von Frauen aus der sogenannten Dritten Welt in den 80ern, hin zur Kontrolle an der Mexikanisch-US-amerikanischen Grenze Heute und den verschiedenen Lager- und Grenzssystemen Europas, seiner Außengrenzen und den ausgelagerten Grenzen zieht.

Es wird versucht, solidarische Bande zwischen Menschen die hierher geflüchtet sind und den Gemeinschaften und Familien aus denen sie kommen, zu zerstören, indem sie kein Geld mehr schicken können.
Die Bande zwischen Menschen die zusammen unterwegs waren, sollen zerstört werden, um Proteste gegen die schlechte Unterbringung zu unterbinden, in dem sie getrennt werden.
Geflüchtete sollen abhängig gemacht werden, von dem rassistischen bundesdeutschen Asyl- und Sozialsystem, um jede Selbstbestimmung zu untergraben.
Sie sollen abhängig und getrennt werden, um jedes solidarische Band, als Keimzelle von Protest und Widerstand präventiv zu zerschneiden.

Was also tun? Jetzt, wenn die Bezahlkarte vielleicht eingeführt wird, und selbst wenn sie erst einmal abgelehnt wird, liegt in einem halben Jahr die selbe Frage wieder auf dem Tisch.

Wir müssen uns alle entscheiden woran wir kollektiv arbeiten wollen. Wollen wir weiterhin kleinere und größere Demos organisieren? Die Herrschenden anflehen doch bitte lieb zu sein und sich an ihre eigenen Regeln zu halten, während für jeden einzelnen von uns das Leben von Tag zu Tag schwerer wird, insbesondere für Frauen und Geflüchtete?

Oder wollen wir anfangen die Keime von Protest und Widerstand selber zu säen? Das Samenkorn, was sich Solidarität nennt? Was aktive, breite Netzwerke unter Nachbar*innen und Kolleg*innen aufbaut, die Abschiebungen verhindern können? Oder Tauschbörsen wo wir gemeinsam das Bezahlkarten-System untergraben können? Oder Solidarische Medi-Netzwerke schaffen um illegalisierten Menschen eine würdevolle oder überhaupt erst einmal eine Gesundheitsversorgung zu ermöglichen? Oder um die rassistischen Polizeikontrollen im Palastgarten oder am Hauptbahnhof zu beobachten, zu filmen und zu intervenieren?

Wir müssen uns entscheiden, und zwar gemeinsam. Denn alleine oder als wenige sind wir schwach.
Nur wenn wir zusammen stehen, uns die Hände reichen und tagtäglich Fäden der Solidarität weben, haben wir die Möglichkeit das zugrundeliegende System der weißen Vorherrschaft auszurotten und stattdessen eine Welt der Freiheit und Gerechtigkeit aufzubauen. Lasst uns heute damit anfangen, uns verbünden, organisieren und so der herrschenden Menschenverachtung und Unterdrückung die Perspektive von Solidarität und Selbstbestimmung entgegensetzen!
Sprecht mit euren Nachbar*innen und Kolleg*innen, kommt zum Offenen Antifaschistischen Treffen am 09.12., zum Solidarischen Offenen Austausch im Anschluss im Miss Marple’s oder engagiert euch in Gruppen wie dem Multikulturellen Zentrum oder der Feministischen Vernetzung!

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